KI-Training soll Lakers-Profis schneller machen

23.5.2024, 10:09 - som

Lakers-Spieler testen eine neue Trainingsmethode, die von künstlicher Intelligenz unterstützt wird. Entwickelt wurde die Technik im Rahmen einer Studie, die von der OST – Ostschweizer Fachhochschule und den Lakers durchgeführt wird und nun den Medien vorgestellt wurde.

Gian-Marco Wetter steht in einem Anhänger vor der St.Galler Kantonalbank Arena und atmet tief: Puls 180. Er hat eine dreiminütige Einheit «Exergaming» hinter sich, ein Spiel, bei dem man sich schnell und präzise bewegen muss, um zu punkten. Der Spieler ist dabei mehrfach gefordert, denn es gilt, sich gleichzeitig auf den Boden und den Bildschirm vor sich zu konzentrieren. Leuchtet ein Feld am Boden auf, muss er es mit dem Fuss berühren – je nach Farbe entweder mit dem linken oder dem rechten. Das Gleiche gilt für die Felder an der Leinwand, die mit der Hand berührt werden sollen. Dazwischen gibt der Roboter verschiedene Übungen wie Kniebeugen, Schlittschuhschritte oder Hüpfen auf einem Bein vor. Und das alles in hohem Tempo – kognitiv und koordinativ eine grosse Herausforderung. Nach einer Pause von einer Minute geht es für Wetter mit zwei weiteren dreiminütigen Einheiten weiter. Die künstliche Intelligenz (KI), die das Ganze steuert, beobachtet ihn dabei mit vier Kameras und passt Schwierigkeit und Geschwindigkeit dynamisch immer an das aktuelle Limit des Spielers an.

Revolutionäre Methode

Wie können Profisportler mit modernen KI- und Physiotherapiemethoden beim Training und in der Rehabilitation unterstützt werden? Das ist die zentrale Frage der Studie, die im Rahmen der Kooperation zwischen der OST – Ostschweizer Fachhochschule und den SC Rapperswil-Jona Lakers durchgeführt wird. Die nun präsentierte neue Trainingsmethode ist revolutionär, weil so noch nie gesehen im Eishockey-Umfeld. Entwickelt wurde sie von zwei Forschungsteams der OST unter Führung von Emanuel Brunner (Studiengangleiter Physiotherapie) und Hannes Badertscher (Stv. Leiter des interdisziplinären Zentrums für künstliche Intelligenz) in engem Austausch mit dem Lakers-Athletikcoach Thomas Weber. «Wir wussten, dass es neue Technologie braucht, um die Trainingsmethode auf das nächste Level zu heben», erklärt Emanuel Brunner.

Dementsprechend wurde an einer KI getüftelt, die sich an den Bedürfnissen der Lakers im Trainingsalltag orientiert. Das Exergame kann dank KI jederzeit veränderten Bedürfnissen angepasst werden. Das Training wird von der KI aufgezeichnet und überwacht. Der Roboter erstellt vom trainierenden Spieler dank den vier Kameras im Wagen eine Art Hologramm. «Wir sehen jeden Knochen und die Bewegungen jedes Körperteil und wissen so genau, wo der Athlet was macht», so Brunner. Die Daten können auch genutzt werden, um Spieler miteinander zu vergleichen und Defizite oder Potenziale aufzuzeigen. Mit der neuen Technik seien sie Vorreiter, betonen Weber und Brunner einhellig.

Auch im Gesundheitsbereich einsetzbar

Die Bilanz nach dem ersten Jahr der Studie ist auf jeden Fall positiv: «Es ist sehr spannend, diese alternativen Trainingsmöglichkeiten zu haben und zu testen», erklärt Thomas Weber. Ziel der Studie ist es, die sogenannte kognitive Flexibilität, das Arbeitsgedächtnis und die Inhibitionsfähigkeit der Spieler zu verbessern. Vereinfacht ausgedrückt und auf die Bedürfnisse der Lakers heruntergebrochen heisst dies: die Spieler sollen die Fähigkeit verbessern, in jedem Augenblick schnell auf Unvorhergesehenes reagieren zu können und die Gegebenheiten richtig einzuordnen. Also genau das, was in einem schnellen Sport wie Eishockey ein extrem wichtiger Aspekt ist. Die neue Technik soll nach der Testphase übrigens nicht nur im Sport, sondern auch im Gesundheitsbereich eingesetzt werden. Tests haben gezeigt, dass das Trainingssystem auch demenzkranken Personen oder bei Depressionen helfen könnte. Darum richtet sich das Trainingssystem auch an eine breite Zielgruppe, von Seniorinnen und Senioren bis zu Profisportlern. Erste Kliniken haben bereits Interesse am System gezeigt, erklärt Emanuel Brunner. Mitte des Jahres wird der erste Teil der Studie abgeschlossen sein. Anschliessend entwickeln Lakers und OST basierend auf den Studienergebnissen in enger Zusammenarbeit die zweite Generation des KI-Trainingssystem bis voraussichtlich Ende 2025.

TVO hat zur Medienkonferenz einen Beitrag realisiert, in dem die neue Trainingsmethode erklärt wird.

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